Sonntag, 18. März 2012

Intubation reloaded - Stellenwert verschiedener Muskelrelaxantien

In Deutschland wird durchaus noch immer kontrovers diskutiert, ob eine Relaxierung des kritisch kranken Patienten in der notfallmässigen Situation der Intubation durchgeführt werden soll. Insbesondere die Internisten unter uns sind hier (unnötigerweise) häufig zurückhaltend.

Für mich bzw. uns haben wir diese Frage mit einem klaren JA beantwortet: Die Intubationsbedingungen sind besser, die Erfolgsrate der Intubation ist deutlich höher, und warum sich in schwierigen Situationen unnötig abkämpfen. In der Bailout Situation gibt es zahlreiche Tools, um ggf. bei Misslingen der Intubation eine Ventilation zu ermöglichen. Es mag seltene Ausnahmen geben ..... (eingeklemmte Person im KFZ etc.; ....) Ein abgestimmtes und zwischen den Berufsgruppen kommuniziertes Konzept (Rapid Sequence Intubation) wird bei uns seit längerem gelebt ... und wir sind sehr zufrieden. Spannende Erweiterungen zur Vorbereitung der Intubation gab übrigens auch Scott Weingart in seinem Podcast und in hervorragender Weise zusammengeschrieben in seinem Annals Paper zur Präoxygenierung. Hier gibt es noch weiteres Optimierungspotential.

In einer aktuellen Kurzübersicht im EMJ wird nun Succinylcholin mit Rocuronium verglichen. Bei einer Dosierung von >1mg/kg KG sind beide Muskelrelaxantien gleich effektiv und bieten die gleich guten Intubationsbedingungen. Einziger Nachteil: Rocuronium hat in dieser Konzentration eine etwa 45min dauernde Wirkung. Aufgrund unseres Patientenkollektivs bevorzugen wir Rocuronium in der hohen Dosis wie beschrieben.

Und es gäbe natürlich für Kollegen mit großem Sicherheitsbedürfnis noch eine andere, aber durchaus teuerere Lösung: In einer aktuellen Studie einer dänischen Arbeitsgruppe wird die Time-to-Spontaneous-Ventilation nach 1mg/kg KG Succinylcholin vs. Rocuronium Relaxierung + Sugammadex (16mg/kg KG i.v.) verglichen, Während dies bei Succi etwa 406 sec war, war dies bei Rocuronium + Sugammadex 216 sec. Auch die Relaxierung gemessen mit TOF war  in der Sugammadexgruppe natürlich schneller aufgehoben. Obwohl diese Daten im OP erhoben wurden, ist die Verwendung von Sugammadex für derartige Krisensituationen somit sicher und kann ggf. auch in der Präklinik verwendet werden.

Die Best Evidence Topic Reports Reihe im EMJ ist übrigens ingesamt sehr lesenswert! Zusammenfassung wichtiger notfallmedizinisch relevanter Themen .... leider benötigt man ein Abo.

2 Kommentare:

  1. Ich stimme dem Tenor des Beitrages voll und ganz zu, dass man sich, gerade als nicht-Anästhesist, die Intubationsbedingungen so optimal wie möglich gestalten sollte, was nach dem Stand der Literatur und der persönlichen Erfahrung mit einem Relaxans erreicht werden kann. Ich werde jedoch immer ein wenig skeptisch, wenn man über Wirkdauern und Antagonisten redet, denn Fakt ist: habe ich mich zur Narkoseinduktion entschlossen, so lag mir als Notfallmediziner dazu mindestens eine klare Indikation zu Grunde. Wenn dann die Atemwegssicherung nicht mit dem Mittel der ersten Wahl gelingt, so bleibt die Indikation zur Narkose bestehen und statt des Sugamadex sollte man aus meiner Sicht eher a) das Airway-Back-up beschaffen und b) den Difficult-Airway-Algorithmus regelmäßig trainieren (hervorragende Möglichkeiten bietet hierbei die Simulation…). Hier können und müssen wir Notfallmediziner (100% unserer Narkosen sind unaufschiebbar, 10% unsere Atemwege sind schwierig) im Vergleich zu den Anästhesisten (viele Narkosen sind aufschiebbar, 1% der Atemwege sind schwierig) eine Schippe drauflegen!
    Das sind aber sicherlich nur kleine Randbemerkungen, die das Thema aus meiner Sicht jedoch abrunden (oder nach allen Seiten eröffnen).

    Ich freue mich auf die nächsten News aus der Nürnberger Akutmedizin und sende viele Grüße von der sonnigen Ostsee,
    Thomas Plappert

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  2. Lieber Herr Plappert. Ich stimme Ihrer Meinung uneingeschränkt zu. Der kritisch Kranke Patient, der intubiert werden muss, wird schwerlich auch nach Antagonisierung von Relaxierung und Sedation NICHT eigenständig und "sicher" atmen können.

    Ich setze noch eins drauf: Ein kritisch Kranker, der intubiert werden muss, und ohne Relaxans intubiert wird, wird auch nach Analgosedierung schwer selbstständig atmen können (ein Argument vieler "Gegner" der Relaxierung in Deutschland. Mein Vorschlag: Üben, üben, üben, und die DGINA Youngsters bieten regelmässig gute Schulungen an (Summer SChool!) Nochmals Danke Ihr Michael Christ

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