….oder: Wieviel Humor ist in der Medizin erlaubt ?
Die Arbeit in der Notaufnahme beschert dem dort Tätigen immer wieder spannende, ergreifende, traurige und überraschende Momente, so dass man an manchen Arbeitstagen das gesamte Spektrum an menschlichen Emotionen durchlaufen kann. Erfreulicherweise kommt es gelegentlich auch zu äußerst skurrilen Situationen und so bleibt einem manchmal nichts anderes übrig als zu schmunzeln oder ungläubig den Kopf zu schütteln.
Immer wieder erheiternd sind Selbstversuche mit Lebensmitteln durch allergische Patienten:
Ein Klassiker diesbezüglich ist der 45 jährige Herr, der trotz bekannter Allergie auf Äpfel in regelmäßigen Abständen in Eigenregie austestet, ob diese noch besteht. Zu seiner Überraschung ist dies der Fall und 30 Minuten später trifft der Wissenschaftler per Rettungsdienst und mit dem Vollbild einer anaphylaktischen Reaktion in der Notaufnahme ein.
Weitere 30 Minuten und einige Dosen Solu Decortin und Antihistaminka später verspricht er hoch und heilig, nie wieder Äpfel auch nur anzuschauen, nur um acht Wochen darauf erneut anaphylaktisch vom Notarzt eingeliefert zu werden. Nach Apfelkonsum natürlich.
Oder die Geschichte von zwei ehemaligen Doktorandinnen unseres Chefs: Doktorandin I hat eine bekannte Neurodermitis und eine bekannte Nußallergie. Das Studium (und natürlich auch die Dr-Arbeit) ist hart, deshalb ist eine Mittagspause in einem Klasse Münchener Lokal notwendig .... Bestellung eines Salates (die Frage, ob Nüsse darin seien wurde vom Kellner verneint) ... anschließend Kratzen im Hals. Doktorandin I fragt den Ober, ob evtl. Nußöl verwendet werden würde ... dies wurde bejaht. Daraufhin fragt Doktorandin II: Wie lange dauert es denn, bis es Dir richtig schlecht geht? Darauf antwortet Doktorandin I: ca. 30min ... worauf Doktorandin II meint, dann hätte man ja noch 20min, um fertig zu essen .... die Notaufnahme der Inneren Medizin ist ja um die Ecke .... Doktorandin I kam im letzten Moment dort an ... und wurde mit erheblichen Mühen gerettet ... und war über längere Zeit das Tagesgespräch der Klinik .....
Oder die Geschichte von zwei ehemaligen Doktorandinnen unseres Chefs: Doktorandin I hat eine bekannte Neurodermitis und eine bekannte Nußallergie. Das Studium (und natürlich auch die Dr-Arbeit) ist hart, deshalb ist eine Mittagspause in einem Klasse Münchener Lokal notwendig .... Bestellung eines Salates (die Frage, ob Nüsse darin seien wurde vom Kellner verneint) ... anschließend Kratzen im Hals. Doktorandin I fragt den Ober, ob evtl. Nußöl verwendet werden würde ... dies wurde bejaht. Daraufhin fragt Doktorandin II: Wie lange dauert es denn, bis es Dir richtig schlecht geht? Darauf antwortet Doktorandin I: ca. 30min ... worauf Doktorandin II meint, dann hätte man ja noch 20min, um fertig zu essen .... die Notaufnahme der Inneren Medizin ist ja um die Ecke .... Doktorandin I kam im letzten Moment dort an ... und wurde mit erheblichen Mühen gerettet ... und war über längere Zeit das Tagesgespräch der Klinik .....
Weder verwandt noch verschwägert mit besagten Damen und Herren ist die ca. 30 jährige Patienten, die sich nach dem Verzehr eines Fertigpilzgerichtes mit ausgeprägter Übelkeit und Erbrechen im Schwall in der ZNA vorstellte. Nach Volumensubstitution und etwas MCP besserte sich die Symptomatik rasch und die Patientin konnte am nächsten Morgen die Klinik verlassen.
Keine vierzehn Tage später wurde eine ca. 30jährige Dame in der Notaufnahme vorstellig und zwar mit ausgeprägter Übelkeit und schwallartigem Erbrechen. Letzteres stellte sie eindrucksvoll im Untersuchungszimmer und auf meinem ärztlichen Kittel unter Beweis. Spätestens jetzt kam einem die Dame bekannt vor und ein Blick in Computersystem bestätigte, was wir längst ahnten: es ist die Schwallerbrecherin von vor 2 Wochen. Was es zu essen gab, ergibt die Anamnese und ein Blick auf den Kittel: Pilze.
Dass man auch ohne Lebensmittelunverträglichkeit Spaß haben kann, bewies unlängst ein 50jähriger Mann. Seines Zeichen engagierter Kettenraucher und hochgradig adipös, verspürte er plötzlich einen linksthorakalen Druckschmerz, der ihn an einen Herzinfarkt erinnerte. Er musste es wissen, schließlich hatte er bereits zuvor zwei erlitten . Was macht man also als stolzer Besitzer mehrere bare-metal-stents in dieser Situation? Man entscheidet sich dafür, die Rettungskette Rettungskette sein zu lassen und schwingt sich aufs Fahrrad. Schließlich haben die Ärzte ja gesagt Sport sei gesund fürs Herz.
Nach nur 60 Minuten erreichte der Patient radelnder Weise die Klinik, time is ja schließlich muscle. Die Zigarette zur Beruhigung nach der Ankunft in der Klinik verzögerte den Beginn der antianginösen Therapie nur noch unwesentlich…
So unterhaltsam solche Episoden sein mögen, vor allem wenn man sie mit einem Schuss Ironie aufbereitet, so ernst sind die jedoch für die betroffenen Patienten.
Die Frage ist, ob man als Arzt, Pflegekraft oder Arzthelferin auf Kosten eines Patienten , der sich ja in der Notaufnahme stets in einer Ausnahme- und Stresssituation befindet, lachen darf. Hierzu ist in der Schweizerischen Ärztezeitung unlängst ein interessanter Beitrag von Jean Martin, Mediziner und Mitglied der nationalen Ethikkommission der Schweiz, erschienen.
Basierend auf einer Veröffentlichung von Watson K. (Northwestern University,USA) wird darin erörtert, ob und wie Humor in Bezug auf Patienten Teil des medizinischen Alltags sein kann und darf, vielleicht sogar muss. Letztendlich bleibt es wohl jedem selbst überlassen, wie man sich in solchen Situationen verhält. Ich persönlich bin der Meinung, dass ein Schmunzeln zur rechten Zeit selten schadet.
Wie steht ihr zu diesem Thema? Hat „schwarzer Humor“ einen Platz im Klinikalltag und kann er vielleicht sogar positiv wirken, oder überschreitet er per se ethische Grenzen? Schönen Sonntag noch.
Schwarzer Humor hat (abgesehen von der rassistischen Tendenz dieser Formulierung) im Klinikaltag nichts zu suchen. Ganz egal welche Hautfarbe meine Patienten haben, wenn Not am Manne ist wird geholfen.
AntwortenLöschenLieber Jan,
AntwortenLöschenvielen Dank für diesen wirklich gelungenen, pfiffig geschriebenen Artikel, komisch das man diesen Artikel so missverstehen kann! Zur Definition des Begriffes "schwarzer Humor" verweise ich mal einfach auf gängige Enzyklopädien,eine rassistische Tendenz ist ja nun wirklich ziemlich weit hergeholt.
Auch ich musste über die eine oder andere Patientenanekdote schmunzeln und gebe dies offen zu. Ich halte es nicht für verwerflich sondern einfach nur menschlich.
Desweiteren bin ich mir sicher, dass Patienten immer kompetent und schnell geholfen wird und das diese beiden Themen absolut nichts miteinander zu tun haben.
Übrigens eine ähnliche "Pilzerfahrung" habe ich auch bereits machen dürfen: ein Patient, leidenschaftlicher Pilzsammler, mit V.a. Knollenblätterpilzvergiftung, der uns vor seiner Entlassung von Intensiv mitteilte nun sofort wieder in den Wald zu gehen um Pilze zu sammeln, nach dem Motto: sofort wieder rauf aufs Pferd, wenn man runterfällt.....naja, bitte nicht schmunzeln!!!!!!