Freitag, 24. Februar 2012

YEP - Meningitis in der Notaufnahme

Diagnose und Therapie der (bakterielle) Meningitis/Meningoenzephalitis stellen eine der größten Herausforderungen in der Notaufnahme dar. Dies trifft vor allem zu, wenn der Patient initial nicht von einem Neurologen, sondern von einem Internisten oder Chirurgen gesehen wird.
In diesen Fällen geht bis zur richtigen Diagnose und Therapie häufig viel, viel Zeit verloren – Zeit, die der Patient bei diesem häufig fulminant verlaufenden Krankheitsbild nicht hat! Dies bedeutet, dass JEDER in der Notaufnahme tätige Arzt sich mit den Symptomen der Meningitis, der Soforttherapie, und der korrekten Diagnostik auskennen muss. Die Rücksprache mit einem erfahrenen Kollegen bzw. dem erfahrenen Neurologen (von Klinik abhängig) sollte umgehend erfolgen.

Welche Leitsymptome können also einen Nicht-Neurologen auf die richtige Spur bringen und somit dem Patienten das Leben retten?

Als erstes denkt man sicherlich an den Symptomkomplex  aus Fieber, Nackensteifigkeit und verändertem mentalen Status. Laut einer sehr interessanten Studie von van de Beek et al (New England Journal, 2004; auch The Lancet lässt sich bei diesem Thema nicht lumpen; Details auch in der neurologischen Leitlinie) tritt die vollständige Trias jedoch in unter 50% der Fälle auf.
„Screent“ man stattdessen seine Patienten gezielt nach den Symptomen Fieber, Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen und verändertem mentalen Status (oder auch: "qualitative Bewusstseinsstörung" oder "unklare Enzephalopathie") und ist sich dabei bewusst, dass mindestens zwei dieser vier bei mehr als 90% der Meningitis-Fälle auftreten, besteht eine gute Chance entsprechende Patienten sicher herauszufiltern.

Hat man nun den Verdacht es mit einer Meningitis zu tun zu haben, gilt es schnellstmöglich eine (kalkulierte) antibiotische Therapie (gute Übersicht - leider nur bei Lizenz - bei http://www.notfallstandards.ch/;) zu beginnen, also die „door-to-antibiotic“-Zeit so kurz wie möglich zu halten, ähnlich wie bei anderen schweren Infektionen, bzw. der Sepsis (siehe dazu auch folgende Studie).


Die Einleitung der Therapie hat beim Verdacht auf Meningitis sofort zu beginnen! Schauen Sie auch aufs EKG: Eine Meningokokkenmeningitis (eine sehr teuflische Variante) macht häufig auch T-Wellenveränderungen wie bei kardinaler Ischämie, außerdem sind oft petechiale Einblutungen der Haut zu sehen. 


Zusammenfassend sollte jeglicher Zeitverlust, beispielsweise durch weitere diagnostische Maßnahmen, vermieden werden. Einzig die Entnahme von (idealerweise zwei Paar) Blutkulturen sollte vor Antibiotikagabe erfolgen, eine Lumbalpunktion (der nur beim bewusstseinsgestörten Patienten zwingend ein CCT vorausgehen sollte! Beim bewusstseinsklaren Patienten kann auf das CCT verzichtet werden!) kann auch nach Stabilisierung des Patienten durchgeführt werden.

Bei der Wahl der kalkulierten Antibiotikatherapie hat sich bei Verdacht auf ambulant (also nicht nosokomial!) erworbener bakterielle Meningitis Ceftriaxon (1x2-4g i.v.) bewährt. Bei klinischem Hinweis für eine Meningokokken-Meningitis sollte auch Pen G verabreicht werden (siehe Kurzzusammenfassung der Leitlinie der DGN). Zum Schließen der „Listerienlücke“ kann Ampicillin (3x4g) hinzugefügt werden. 

Desweiteren hat die Gabe von Dexamethason (10mg i.v., idealerweise vor Antibiotika-Gabe) zu erfolgen (v.a. nach folgender Metaanalyse). Lassen zusätzlich fokal-neurologische Symptome und/oder Krampfanfälle den Verdacht auf eine virale Encephalitis aufkommen, sollte die Therapie mit Aciclovir (10mg/kg KG) vervollständigt werden, um eine etwaige Herpes-Infektion anzubehandeln.

Falls notwendig erfolgt die weitere Stabilisierung des Patienten nach dem üblichen Muster der „early-goal-directed-therapy“ bei Sepsis noch in der ZNA oder auf ICU.

Alles in allem hat dieses Krankheitsbild nichts von seinem Schrecken verloren und nur bei einer rechtzeitigen Diagnose und zeitgerechten (=sofortigen) Therapie hat der Patient eine Chance.

Welche Erfahrungen haben die Nicht-Neurologen zu diesem Thema sammeln können (und müssen)?  
Gibt’s weitere wichtige Hinweise und Tipps seitens unserer neurologischen Leser?

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