Neulich bei der Visite: Warum hat dieser Patient mit Pneumonie kein Augmentan erhalten? ... glaubhafte Penicillin-Allergie ... nächste Frage: Und warum dann nicht Ceftriaxon? ...... wegen der beschriebenen Kreuzallergie .... ehrlich gesagt, haben Sie eine Kreuzallergie in dieser Situation schon selbst erlebt?
Umso interessanter finde ich eine Studie zu dieser Thematik. Sie ist wirklich hervorragend recherchiert und geschrieben. Da macht es mal so richtig Spaß in die Tiefen der Antiinfektiva abzutauchen.
Campagna et al. haben die seit 1950 publizierten Arbeiten zum Thema der allergischen Kreuzreaktivität von Cephalosporinen bei Penicillin-Allergie analysiert. Unser "common belief" geht ja von einer Rate der Kreuzallergie in der Höhe von 10-20% aus.
Offensichtlich dürfen wir dieses lieb gewonnene Wissen vergessen - Kill your Darlings!
Die hohe Rate an Kreuzreaktivitäten in den frühen Jahren der Antibiotika-Produktion ist offensichtlich zum einen durch "Kreuzkontaminationen" zu erklären (Cephalosporium produzierte "Penicilline" und "Cephalosporine"). Zum anderen sind die Kreuzreaktionen auf das Vorhandensein einer R1-Seitenkette früher Cephalosporin-Generationen zurückzuführen. Man geht von Raten von ca. 1% bei gleichen Seitenketten aus, während für Cefadroxil die Kreuzallergie bei über 20% liegt (also unbedingt vermeiden!)
Diese beschuldigte Seitenkette haben folgende Struktur:
Die Kreuzallergie kommt also nicht durch den Beta-Laktam-Ring selbst zustande, sondern durch die Reaktion mit dieser Seitenkette. Interessante Info! 3. und 4. Generations - Cephalosporine haben andere Seitenketten, deshalb ist die beschriebene Kreuzallergie Dimensionen niedriger und offensichtlich klinisch absolut vernachlässigter.
Sind doch spannende Infos. Wissen Sie mehr? Dann kommentieren Sie gerne!
Die Tätigkeit in Notaufnahmen ist vielseitig und spannend. In diesem Blog stellen wir Neuigkeiten, Publikationen und noch viel mehr zu notfall- und akutmedizinischen Themen vor. Ziel ist es, Inhalte zu präsentieren, die praxisnah sind und unser tägliches Handeln in der Notaufnahme oder auf der Intensivstation betreffen. Selbstverständlich greife ich auch Beiträge aus anderen Bereichen der Medizin auf. Ich freue mich auf Ihr Feedback und Ihre Kommentare! Viel Spaß beim Lesen und Diskutieren!
Aktuelles in Notfall- und Akutmedizin
Aktuelles in Notfall- und Akutmedizin
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Hatte das Thema heute in der Klinik wieder:
AntwortenLöschenAnästhesie: "Patient allergisch auf Amoxicillin, was sollen wir denn dann geben?"
Operateur (in benigne genervtem Unterton): "ICH KANN'S NICHT MEHR HÖREN!"
Ein frei verfügbarer Artikel aus dem Journal of Family Practice berichtet, dass die 10% Kreuzreaktivität aus Studien mit cephalosporin-kontaminierten Penicillin-Präparaten berichtet wurden, der daraus entstandene Mythos allerdings nie berichtigt wurde (JFP Vol 55 No 2: http://www.jfponline.com/Pages.asp?AID=3850). Realistischer ist, wie Sie schon schrieben, bei 3.-4.-Generations-Cephalosporinen irgendwas um die 1%.
Desweiteren ist zu erwähnen, dass echte Penicillinallergien (sprich Typ I-Reaktionen) selten sind und Patienten, die eine echte Typ I-Allergie aufweisen, gegen so ziemlich alle Antibiotika ein erhöhtes Risiko einer anaphylaktischen Reaktion haben.
Das Exanthemrisiko ist immanent. In der elektiven Situation ist dies u.U. sehr unangenehm, im Notfall (Sepsis) ergibt sich m.E. aus vorbekannten antibiotika-assoziierten Arzneimittelexanthemen keinerlei Kontraindikation.