Heute ein Gastbeitrag von Kollegen J. Welker von der Notaufnahme Klinikum Nürnberg. Sehr praxisnah geschrieben und sehr spannend zu lesen. Vielen Dank!
Herzrhythmusstörungen (HRST) in der Notaufnahme bringen Stress. Für den Patienten sehr häufig und für den behandelnden Arzt nicht viel seltener. Die Ursache für den ärztlichen Stress liegt vermutlich daran, dass sowohl Diagnostik als auch Therapie der HRST nicht ganz einfach sind. Ersteres erfordert fundierte EKG-Kenntnisse, zweites ausreichenden Durchblick in Bezug auf Antiarrhythmika.
Letztendlich ist für die adäquate Behandlung einer HRST in der NA auch ein gutes Stück Erfahrung notwendig und die sammelt man bekanntlich durch das Machen von Fehlern. Unglücklicherweise gehören Rhythmusstörungen zu den Krankheitsbildern, die Fehler nur schlecht verzeihen. Und weil man das nur allzu gut weiß, hat man Stress.
Was also tun um möglichst Fehler und Stress frei zu seinen Erfahrungen zu kommen?
Eine Möglichkeit stellen Guidelines (ERC etc.) und Algorithmen dar, eine andere können Übersichtsarbeiten und Zusammenfassungen sein. In seinem Artikel „Arrhythmietherapie in der Intensivmedizin: Was ist notwendig, was überflüssig?“ fasst Prof. Trappe das komplexe Thema einfach und vor allem benutzerfreundlich zusammen, indem er die wichtigsten Therapieoptionen als „5ABCD-Konzept“ vorstellt.
Die 5 „A“ stehen für die fünf wichtigsten Medikamente zur Therapie von HRST:
Adenosin als Mittel der Wahl zur Behandlung von regelmäßigen Schmalkomplex-Tachykardien.
Initial 6mg i.v. ( im zweiten Versuch 12mg i.v.; als Bolus verabreicht, 10mL 0.9% NaCl Lösung als Flush) des Medikamentes rufen eine kurzzeitige vollständige AV-Blockierung hervor, die mit hoher Wahrscheinlichkeit AV-Knoten-Reentry-Tachykardien terminiert. Aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit von Adenosin wird das „Antidot“ Theophyllin (z.B. bei Bronchospasmus) selten benötigt.
Adrenalin kommt beim Kreislaufstillstand zum Einsatz. Bei Asystolie und PEA so schnell wie möglich, bei Kammerflimmern nach dem zweiten Defibrillationsversuch. In einer Dosis von jeweils 1mg fraktioniert wird die Gabe alle 2-3 Minuten wiederholt (1mg Adrenalin auf 10mL in 0.9% NaCl Lösung).
Ajmalin kann bei kreislaufstabilen tachykarden Patienten, bei denen der Ursprung der Tachykardie (supraventrikulär vs. ventrikulär) nicht zu eruieren ist, appliziert werden. Die Gabe sollte mit 50mg als langsame Injektion (ca. 5 Minuten, fraktioniert unter EKG und Blutdruckkontrolle) erfolgen.
Amiodaron scheint die „Mutter aller Antiarrhythmika“ bei tachykarden HRST zu sein.
Nicht nur, dass seine Wirksamkeit bei polymorphen VTs und bei Schock-refraktärem Kammerflimmern nachgewiesen werden konnte (150-300mg iv als Bolus), auch die Konversion von Vorhofflimmern in einen Sinusrhythmus gelingt mit Cordarex (300mg iv über 30 Minuten) in einem großen Teil der Fälle.
Atropin ist indiziert bei vagal bedingten Asystolien, AV-Blockierungen im AV-Knoten (nicht bei infranodalen Blöcken, oder AVB III) und Sinusbradykardien. Appliziert wird es als iv-Bolus von 1mg,
bis zu einer Höchstdosis von 3mg.
Das „B“ steht für die Betablocker, die bei der Frequenzkontrolle bei der TAchyarrhthmia absoluta ihren Auftritt haben. Hier wird neben Metoprolol und Bisoprolol v.a. Esmolol erwähnt.
Letzteres zeichnet sich durch eine kurze Halbwertszeit und einer daraus resultierenden
guten Steuerbarkeit aus. Aber aufpassen! Bei Zeichen eines „Low-Output Syndroms“ bzw. akuter Herzinsuffizienz sind Betablocker kontraindiziert! Hier kann Amiodaron helfen (siehe oben).
Die Buchstaben „C“ und „D“ kürzen Cardioversion und Defibrillation ab, die das Konzept abrunden
und bei instabilen Patienten bzw. zur Reanimation eingesetzt werden.
Das „ABCD-Konzept“, das Prof. Trappe in seinem lesenswerten Artikel propagiert, entrümpelt auf wohltuende Weise das Arsenal an Medikamenten und Konzepten bei der Behandlung von HRST
und trägt dazu bei, einen Zugang zu dieser komplexen Thematik zu finden.
Für alte Hasen und erfahrene Rhythmologen wird der Artikel wahrscheinlich nicht viel wirklich Neues bringen, aber für alle Lernenden (und Lehrenden !) kann er dabei helfen den Stress, den Herzrhythmusstörungen verursachen erheblich zu senken.
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