Samstag, 31. Dezember 2011

Jahresausklang ....

... Habe einen wunderschönen Artikel zum Stellenwert von Büchern und Fachzeitschriften auf nofame4u gelesen. Kann dem Geschriebenen uneingeschränkt zustimmen! Aber nicht nur das Sentimentale sollte die Liebe zu den Büchern und Fachzeitschriften (ich war mal in der Bibliothek der Johns Hopkins Bibliothek, Baltimore, USA, und blätterte in einer Ausgabe der Deutschen Medizinischen Wochenzeitschrift von 1883 ... in den USA ... wo findet man dies bei uns?) erhalten lassen: Das Lesen in Bùchern ermöglicht einen anderen Zugriff zu den Inhalten ... zumindest mir geht es so.

Unseren Blog bzw. Vergleichbares verstehe ich als Inspiration .... und ich habe tatsächlich viele neue Gedanken und Ideen z. B. über nafame4u oder Scott Weingart erhalten. Woran liegt dies? Die interaktiven Medien ergänzen aus meiner Sicht die traditionellen Medien (die Basiswissen transportieren) ideal und ermöglichen auch Querdenken und inspirieren zu neuen Ideen.

Aber Vorsicht! Die neuen Medien werden wenig kontrolliert und korrigiert. Habe mich gestern mit der Thematik, wie lege ich ein 12-Kanal EKG richtig an, beschäftigt (die Ableitungen V1 und V2 werden häufig zu hoch positioniert und beeinflussen die Qualität unseres 12-Kanal EKGs!). Und stelle dann fest, dass auch zahlreiche, hochprofessionell gestaltete Videos auf YouTube diese Ableitungen prima vista zu hoch positioniert haben (hier ein gutes Video und ein gutes PDF; das leichtere Abzählen erfolgt beginnend über den Angulus zwischen Manubrium und Corpus sterni, dort setzt die zweite Rippe an, darunter ist der 2. ICR usw. ...man kommt dann einfach - korrekterweise tiefer). Und die Muße der korrekten Recherche, die Korrekturläufe beim Schreiben eines Manuskripts, sind zwar für den Autor meganervig ... aber dann eben auf 'State of the Art' gebracht. Diese Mühe scheinen viele Internetautoren nicht auf sich nehmen zu wollen. Also, Vorsicht ist geboten und belegt nochmals, wie wichtig exzellente Teaching und Recherchieren von vorhandenem Wissen im Studium, in der Ausbildung aber auch im Beruf sind.

Zurück zum Schmökern. "We should encourage Browsing" lautet der Titel eines nachdenklich stimmenden Artikels im BMJ vom ehemaligen Herausgeber des New England Journal ... also mal zurücksetzen und in Ruhe aktuelle Fachzeitschriften .... und gute Bücher lesen. Ist extrem inspirierend, erweitert das persönliche Wissen, und ist auch nach einem hektischen Tag in der Klinik durchaus entspannend ;-)

In diesem Sinne .... den Diensthabenden in der Silvesternacht einen ruhigen Dienst ... und Allen einen Guten Rutsch!

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Der Patient mit Non-ST Elevations ACS in der ZNA

Die Diagnostik und weitere Behandlung von Patienten, die sich mit akuten Thoraxschmerzen (oder akut aufgetretener Dyspnoe als A.p. Äquivalent) in der Notaufnahme vorstellen, stellen insbesondere die jüngeren ärztlichen Kollegen vor große Herausforderungen: Werden 10 verschiedene erfahrene Kollegen nach dem weiteren Procedere in einem speziellen Fall gefragt, erhalten sie schätzungsweise 17 verschiedene Antworten.... kurz, es fällt schwer, ein verlässliches Muster der ärztlichen Handlungsweise zu erkennen und dies für zukünftige Fälle anzuwenden.

Wie kann man die eigene Entscheidungsfähigkeit in dieser vertrackten Situation verbessern? Sicherlich ist hilfreich, sich mit erfahrenen, interventionell tätigen Kardiologen auszutauschen und fallbezogen die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten zu diskutieren und dadurch hausspezifische Handlungsweisen zu internalisieren. Vorab sollte man sich aber auch die entsprechenden Leitlinien der Europäischen Kardiologengemeinschaft durcharbeiten ... (Amerikanische Leitlinien hier; Kommentar und Zusammenfassung hier) zumindest die relevanten Punkte zur Diagnostik und Entscheidungsfindung sind wichtig. Auch ein eigener Artikel (gerne auf Nachfrage als Reprint erhältlich) kann den Aspekt der Diagnostik bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Elevation weiter beleuchten.

Im folgenden sind wichtige Kriterien aus den Leitlinien zusammengefasst, welche als Anhaltspunkt für das Prozedere (invasive Abklärung oder nicht, weitere nicht-invasive Diagnostik) hilfreich sein könnten (Tabelle).

Aber Vorsicht: Eine derartige Zusammenstellung kann wichtige Richtschnur sein, die individuelle Entscheidung muß die Gesamtsituation des Patienten mit den aktuellen Befunden berücksichtigen.

Ich hoffe trotzdem, dass die Tabelle hilfreich ist und die einzelnen Entscheidungen "transparenter" gestalten lässt. Probieren Sie es aus, diskutieren Sie Ihre Fälle mit den erfahrenen Kollegen in der Notaufnahme.


Tabelle aus den Leitlinien zum Non-ST Elevations ACS
(modifiziert nach Hamm et al. ESC Guidelines, 2011):
Empfohlene Vorgehensweise bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom ohne ST-Elevation entsprechend der vorgenommenen Risikostratifizierung (GFR, glomeruläre Filtrationsrate; CABG, aortokoronare Bypassoperation; PCI, perkutane koronare Intervention; GRACE, Global Registry of Acute Coronary Events; EKG, Elektrokardiographie; modifiziert nach [28]).


Sehr hohes Risiko: Angiographie innerhalb von 2h:
- Refraktäre Angina
- Rezidivierende Angina trotz Therapie
- Ausgeprägte ST-Streckensenkungen
- Schwere Herzinsuffizienz
- Ventrikuläre Arrhythmien
- Hämodynamische Instabilität 
- GRACE Risk Score >140

Hohes Risiko: Angiographie innerhalb von 24 h:
- GRACE Risk Score >140
- GRACE Risk Score <140 mit einem primären Kriterium für hohes Risiko (z.B. relevanter Troponinanstieg oder -abfall; Dynamische ST-Strecken- oder T-Wellenveränderungen (symptomatisch oder stumm))

Intermediäres Risiko: Angiographie innerhalb von 72 h:
- Kein Kriterium für sehr hohes Risiko
- Kein primäres Kriterium für hohes Risiko
- Sekundäres Kriterium für hohes Risiko (Diabetes mellitus; Niereninsuffizienz (GFR <60 ml/min);  Eingeschränkte linksventrikuläre Funktion (Ejektionsfraktion <40%); Frühe Postinfarkt-Angina; Zustand nach CABG oder vor kurzem erfolgter PCI
- GRACE Risk Score 109-140

Niedriges Risiko: keine oder nur elektive Angiographie:
- Kein Schmerzrezidiv
- Keine Herzinsuffizienz
- Keine EKG-Veränderungen
- Kein Troponinanstieg initial oder nach (3) 6 9 Stunden
- Keine Ischämie induzierbar
- GRACE Risiko Score <109

Sonntag, 25. Dezember 2011

Weihnachten 2011 - Schwester Lisa klagt ....

.... oh, die Sanis bringen schon wieder ein Patient mit AZ-Verschlechterung .... und eine längere, zunächst ungerichtete Diagnostik beim betroffenen älteren Patienten beginnt. Es endet meist mit der Diagnose .... der hat eine Exsikkose ... aber warum hat ein vorher unbeeinträchtigter Patient plötzlich eine Exsikkose, obwohl er - trotz seines Wohnens im 'betreuten Wohnen' oder 'Altersheim' - vorher absolut selbständig war?

An vergleichbare Krankengeschichten kann ich mich ebenfalls bestens während meiner Ausbildung erinnern. Aber müssen diese Situationen immer in einem diagnostischen Nihilismus verlaufen (d.h. eine verzweifelte Untersuchung nach der anderen?)

Meine Antwort lautet ... NEIN. Doch lassen Sie mich systematisch dieses Problem angehen. Formal stellen sich diese in der Vignette dargestellten Patienten mit einer "kognitiven Einschränkung" bzw. einer "qualitativen Bewußtseinsstörung" vor. Dies sollte man bewußt so benennen, da sich daraus ein klarer diagnostischer Ansatz ableitet: Ältere Patienten mit diesem Syndromkomplex haben meist 1) eine Infektion (z.B. Pneumonie, Harnwegsinfekt), 2) eine kardiale Dysfunktion(z.B. Herzinsuffizienz, Herzinfarkt), 3) eine Elektrolytstörung (z.B. Hyponatriämie, auch bedingt durch 1 oder 2) oder 4) eine Medikamentennebenwirkung (z.B. Psychopharmaka). Also, einfach diese Punkte systematisch abarbeiten, und das Problem ist rasch gelöst und die Beschwerden - bei adäquater Therapie - beseitigt.

Die Thematik des kognitiven Assessments bei Älteren bzw. oben geschilderter Situation wird sehr praxisnah in einem aktuellen Übersichtsartikel von J Young et al im BMJ bearbeitet. Ein Kommentar von Michael Marks betont jedoch, dass ein generelles Screening mit Assessment-Batterien für Ältere (ein Hobby von einigen Kollegen ;-) ) vermutlich nicht die Lösung darstellen wird. Auch nicht in der Notaufnahme ....
Was denken Sie?

Samstag, 24. Dezember 2011

Statistik oder "Der Hund, der Eier legt"

Heute ein etwas leidiges Thema. Statistik in der Medizin, wer hat sich da nicht rumgedrückt und bei den häufig knochentrockenen Vorlesungen in den Englischen Garten verzogen: Der Medizinstudent, der Arzt, .... In unseren letzten Mikrofortbildungen habe ich mich über Sensitivität und Spezifität eines diagnostischen Tests unterhalten .... und mich entschieden, dass es vielleicht hilfreich ist, hierzu ein paar Worte zu verlieren.

Warum ist dies für einen Notfallmediziner wichtig? Nun ja, wir machen halt viel Diagnostik (Labor, Röntgen, etc), und da ist es eben wichtig, die Grundzüge der dazugehörenden Statistik zu kennen: Wer kennt nicht die Diskussionen ùber die D-Dimer Bestimmung und die Wichtigkeit der Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit (z.B. Wells Score oder Geneva Score) oder über die neuen Troponin-Grenzwerte (ganz einfach: niedrigere Werte haben eine breite Differentialdiagnose, hohe Werte oder große Delta im Verlauf wenige Differentialdiagnosen .... ) und dazu braucht man, so wollte es der liebe Gott, auch statistische Grundkenntnisse. Erleichtert die klinische Arbeit ungemein. Wirklich!

Nun, ich kann Euch nun hier nicht diese Grundkenntnisse en detail vermitteln, aber zumindest Appetit auf mehr machen .... und da wären wir bei dem Titel des Blogs: Das Buch 'Der Hund der Eier legt' (wurde mir gestern während eines Vorstellungsgesprächs von einer frisch approbierten Ärztin empfohlen ... die Bewerberin fängt jetzt bei uns an ;-). Aus meiner Sicht wirklich exzellent ist ein englischsprachiges Buch (extrem gut zu lesen, sehr praxisorientiert).

Aber warum in die Ferne schweifen .... im Deutschen Ärzteblatt gibt es eine Statistikserie mit toll geschriebenen, wirklich praxisnahen Artikeln zur Statistik (zwar auf das Lesen von Fachartikeln abgestimmt, diese Serie vermittelt aber mehr). Auch ein Klasse Artikel zu diagnostischen Tests ist dabei. Und Folien von biostatistischen Instituten helfen ebenfalls weiter ..... lassen Sie sich darauf ein! Wird wirklich helfen, die erhobenen Befunde zu interpretieren .... jede Auskultation, jede Temperaturmessung ist schließlich ein "diagnostischer Test".

Die Zusammenhänge von Sensitivität, Spezifität und Positiv sowie Negativ Prädiktivem Wert in Abhängigkeit von der Prävalenz sind hervorragend und verständlich in dem Artikel von W. Bautsch beschrieben ... die Diskussionen über Troponin und D-Dimere sollten dann der Vergangenheit angehören!

Also, nicht frustrieren lassen ... vielleicht gibt es ja noch die Chance, sich etwas unter den Weihnachtsbaum legen zu lassen ..... Der Hund der Eier legt .... warum nicht?

Ich wünsche Ihnen allen ein Frohes Weihnachtsfest! Auch wenn viele von uns ihren Dienst über die Feiertage ableisten, hoffe ich trotzdem, dass Sie im Kreis ihrer Lieben auch besinnliche Momente finden weden.

Samstag, 17. Dezember 2011

Das EKG in der Notfall-und Intensivmedizin für Anfänger und Profis

Das EKG beim Patienten in der Notaufnahme oder auf Intensivstation .. wer müht sich hier nicht bei Gelegenheit ab. Die jungen Kolleginnen und Kollegen, aber auch Pflegekräfte in der Notaufnahme wollen mehr wissen, aber wie?

Obwohl ich in diesem Blog vor allem aktuelle Publikationen besprechen möchte, erlaube ich mir an dieser Stelle auf Online Ressourcen für die Interpretation des EKG zu verweisen.

Eine wirklich nicht schlechte Online Fortbildung für Anfänger, fortgeschrittene Anfänger und für Pflegekrafte finden Sie in diesem EKG-Grundkurs oder bei einem EKG Kurs der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Weitere Quellen haben wir auf unserer Homepage zusammengefasst.

Ich selbst habe das EKG mit der deutschen Version des englischen Klassikers von D. Dubin gelernt. Leider nur noch im Antiquariat erhältlich. Im Englischen aber weiterhin erhältlich ... einfach geschrieben, sehr effektiv! Aber es gibt natürlich viele hervorragende EKG Bücher ... z.B. EKG für Isabel, Arbeitsbücher etc.

Wer wirklich Details zu EKGs im Notfall wissen möchte, verweise ich auf ein exzellentes, absoulut hervorragendes EKG-Buch von Mattu und Brady ... spannend wie ein Krimi und in seiner Systematik auch für Fortgeschrittene lesenswert!

Die hohe Kunst der EKG Interpretation könnt Ihr gemeinsam mit Dr Smith in seinem ECG-Blog ausleben. Wirklich genial.

Natürlich sollten die eigenen Interpretationen des EKG insbesondere während der Lernphase immer mit einem Erfahrenen besprochen werden. Nur so lassen sich die eigenen Kenntnisse festigen. Wir haben einige Freaks in unserer Klinik ... und gelegentlich diskutieren auch diese mit unseren Rhythmologen im Haus. Viel Spass dabei!

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Nachlese 2. Adventssymposium

Guten Abend!

Heute noch kein neues Paper. Das Adventssymposium am letzten Wochenende war ein beachtlicher Erfolg. Harald Dormann und ich sind wirklich happy! Es hat viel Mühe gemacht, aber wir sind überzeugt, dass der Funke überspringt. Wenn Sie von den Eindrücken nochmals etwas lesen wollen .... schauen Sie doch vorbei (Adventssymposium AKNB).

Und wer einzelne Vorträge runterladen möchte, geht direkt auf diese Seite (Dank an die Referenten und an M. Bayeff-Filoff für das Einstellen der Vorträge im Download-Bereich)

Schöne Adventszeit, Michael Christ

P.S. Der Artikel zu "WUPBS" hat bei uns die Frage ausgelöst, was dies bedeutet .... wissen Sie es?  Die Antwort lautet "Wake Up, Breathe, and Sit" ... tolle Idee von Prof. John, der die Thematik einer modernen Analgosedierung in der Intensivmedizin mit einem leicht zu merkenden Akronym versehen hat! Also .... haben Sie heute schon geWUPBSt?



Sonntag, 11. Dezember 2011

Das gerötete, schmerzhafte Gelenk

Das 2. Adventssymposium in Nürnberg (9/10.12.2011) war ein riesiger Erfolg! Die Qualität der Vorträge war exzellent, phänomenal ... ! Der Vortrag zum Angioödem von Prof. Schultz am Samstagvormittag bestätigte die Aussagen meines letzten Posts. Ich bin sehr zufrieden!

Was soll ich Ihnen Neues aus dem Adventssymposium berichten: Ich denke, dass die Ausführungen zum Thema "Das gerötete und schmerzhafte Gelenk" ein exzellentes Beispiel für hervorragende Didaktik war. Dr. G. Laifer aus Zürich erläuterte sehr strukturiert, wann wir an eine septische Arthritis denken müssen, und wie wichtig die Punktion eines Gelenksergusses ist. Zumindest beim ersten Ereignis sollte bei allen betroffenen Patienten eine entsprechende Diagnostik erfolgen.

Machen Sie dies regelmäßig? Gehört dies in Ihre klinische Routine? Punktieren Sie beim älteren Diabetiker mit bekannter Hyperurikämie bei einem schmerzhaft geröteten Zehengrundgelenk das Gelenk? Sollten Sie tun! Die folgende Arbeit aus 2007 zeigt dies auf:

Eine hochrelevante Publikation von Margaretten et al. (JAMA 2007) geht in hervorragender Weise auf die theoretischen und praktischen Aspekte zu dieser Thematik ein. Obwohl das Vorliegen eines höheren Alters, Diabetes mellitus, Rheumatoide Arthritis, Gelenkprothesen, Hautinfektion und HIV-Positivität die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins einer septischen Arthritis wahrscheinlicher machen, gibt erst das Resultat der Kniegelenkspunktion (die Höhe der Leukozytenzahl, mehr wie 90% Anteil der Polymorphkernigen) eine höhere diagnostische Sicherheit. Selbstverständlich müssen weitere Untersuchungen vor der Gabe von Antibiotika (Blutkultur, Kultur der Gelenksflüssigkeit) ebenfalls durchgeführt werden und ggf. der Fachspezialist für die chirurgische Therapie hinzugezogen werden. Dies bedeutet, dass die diagnostischen Tests ohne Punktion nicht ausreichend sind, um die korrekte Therapie ableiten zu können.

Sie können den gesamten Vortrag von G. Laifer in Kürze von der Homepage des Arbeitskreises Klinische Notfallmedizin Bayern auf Ihren Computer laden (www.akn-b.de). Es ist viel Nachdenkenswertes in diesem Vortrag enthalten.

Viel Spaß beim Schmökern! Nehmen Sie sich etwas Zeit, um dies auch zu kommentieren!
Ihr Michael Christ

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Angioödem - Wie abklären, wie behandeln

Beim Durchblättern von Zeitschriften kam mir ein aktueller Artikel aus dem British Medical Journal über das Angioödem unter die Finger. Dieses Thema werden wir auch am kommenden Samstag im Rahmen unseres 2. Adventssymposiums in Nürnberg referiert bekommen. Freue mich schon sehr darauf.

Ich komme auf den Artikel zurück, den wir heute in der Mikrofortbildung besprochen haben. Wir haben uns über einige Aspekte ausgetauscht, die für einige unserer Kollegen neu waren:

1)    Klinisch wichtig ist es offensichtlich, bei der Erstdiagnostik zwischen allergischer und nicht-allergischer Diathese des Angioödems zu differenzieren (klinische Hilfestellung scheint das Vorliegen einer Urtikaria zu sein --> spricht mehr für Allergie). In Abhängigkeit davon ist die entsprechende Therapie einzuleiten (ggf. Adrenalin i.m. bei Allergie, Icatibant oder Berinert bei ACE-Hemmer oder nicht-ACE-Hemmer induziertem Angioödem).
2)    Zur Abklärung des Angioödems ist die Bestimmung von Komplementfaktor C4 das geeignete Screeningverfahren (es gibt auch dysfunktionalen C1-Esterase Inhibitor, der in normalen Mengen zirkuliert).
3)    Im Artikel sind wichtige Differentialdiagnosen des Angioödems beschrieben, die dann während des weiteren Verlaufs (meist außerhalb von Notaufnahme bzw. Intensivstation) abgeklärt werden müssen.

In einer Veranstaltung, die ich kürzlich besucht habe, hat der Referent Fälle von Angioödemen beschrieben, bei denen er die Patienten sehr lange unter Therapie mit Icatibant beobachtet hat (wir hätten für die Sicherung der Atemweg schon „feuchte Hände“ bekommen und den Patienten intubiert). Sicherlich Ermessens- und Erfahrensfrage. Möchte dies jemand kommentieren?

Montag, 5. Dezember 2011

Präoxygenierung und Intubation des kritisch Kranken

Wer kennt nicht die Situation: Ein Patient mit respiratorischer Insuffizienz verschlechtert sich weiter, die Intubation steht an, und während den Intubationsversuchen kommt es zu relevanten Deoxygenierungen. Welche Techniken gibt es, um dies zu vermeiden?

In einem hervorragenden Übersichtsartikel geht Scott Weingart aus New York, der Autor des bekannten Blogs "emcrit.org" auf die verschiedenen Aspekte ein und stellt eine Übersicht zu verschiedenen Methoden vor, die die Intubation eines kritisch Kranken in Notaufnahme und Intensivstation erleichtern sollten:

1) Die richtige Lagerung des Patienten (20 Grad Oberkörperhochlage, Höhe des Gehörgangs auf Ebene der vorderen Thoraxebene)
2) verschiedene Techniken der Präoxygenierung (Oxygenierung mit High-Flow Nonrebreather Mask, Anwendung von CPAP (z.B. auch NIV) und apneoische Oxygenierung mit High Flow über Nasenmaske) sowie
3) Relaxierung vorzugsweise mit high dose Rocuronium (1.2mg/kg KG)
stellen hierbei wesentliche Grundlagen dar.

Außerdem erklärt Scott die notwendige Pathophysiologie zur Präoxygenierung!

In unserer Klinik wurde ein interprofessionelles Konzept der Rapid Sequence Intubation eingeführt und wird durch Simulation (Intubation des Kritisch Kranken) begleitet, um im Team die einzelnen Arbeiten zu üben und vorab eine Aufgabenzuweisung zu erreichen (Checkliste RSI).

Die Übersicht von Scott gibt wertvolle zusätzliche Hinweise (und bestätigt unseren Weg). Wie macht Ihr die Notfallintubation? Sind die Vorschläge von Scott hilfreich?

Sonntag, 4. Dezember 2011

Entschieden Entscheiden - Das Cynefin Framework

Hallo liebe Freunde der Notfall- und Akutmedizin!

Beginnend ab heute werde ich Ihnen in regelmässigen Abständen aktuelle Literatur und sonstige Neuigkeiten vorstellen, die für Notfall- und Akutmediziner von Interesse sein sollten. Ich erwarte mir rege Diskussionen und offenes Feedback.

Lassen Sie mich mit etwas Ungewöhnlichem starten. Ich möchte Ihnen Artikel aus dem Harvard Business Manager präsentieren, die Sie unter folgendem Links auf Ihren Rechner laden können.

Wikipedia Artikel zum Cynefin Framework
Leseprobe aus dem Harvard Business Manager und
Framework for Decision Making, Originalartikel von Boone/Snowden

Faszinierend finde ich das von Dave Snowden entwickelte Konzept, an uns gestellte Aufgaben/Situationen in fünf Kategorien zu unterteilen (einfache, komplizierte, komplexe und chaotisches Situationen sowie Unordnung)und unterschiedliche Managementstrategien in Abhängigkeit von diesen Kategorien vorzuschlagen.
Aus meiner Sicht ist dieses Konzept auch auf Notfallsituationen übertragbar. Wem fallen nicht komplexe Situationen wie ein hämodynamisch instabiler Notfallpatient ein, bei dem man aufgrund eines Fehlens von evidenten Ursachen zunächst ex juvantibus therapiert (z.B. Volumengabe) und hofft, Muster zu erkennen und dann entsprechend kausal fortzufahren. Oder ein Massenanfall von Verletzten (z.B. ICE Unglück oder Terroranschlag). Hier wird man erst handeln und versuchen, die chaotische Situation in einfachere Kategorien zurückzuführen.

Sicherlich ist es etwas verwunderlich, einen Notfallmedizin-Blog mit dieser Literatur zu beginnen. Aber dieses Modell hat mich so fasziniert, und Notfallmedizin heisst nicht nur fachmedizinisch korrekt zu handeln, sondern auch die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen, um in kritischen Situationen überhaupt handeln zu können.
Ich freue mich auf die Diskussionen! Schönen Abend, Ihr M Christ