Montag, 27. Februar 2012

Akute Lungenembolie - ambulant behandeln?

Die akute Lungenembolie bringt uns häufig zum Verzweifeln: man muss aktiv daran denken, da sie sich sehr unterschiedlich präsentiert, gerne Verzichten wir auf eine lege artis Abklärung unter Verwendung von Vortestwahrscheinlichkeiten (bei uns wurde verbindlich die Durchführung des Wells Score gefordert), nicht jeder pathologische Befund im Angio-CT muss offensichtlich therapiert werden und nun .... soll die Lungenembolie ambulant behandelt werden?

Nun nicht so schnell. Jeder von uns weiss, dass viele Patienten mit Lungenembolie einen völlig komplikationslosen Verlauf haben können. Nur wie ist dieser ex ante sicher festzustellen?

Hier konnten in den letzten Jahren Stratifizierungstools etabliert werden, die dies ganz gut können:

Der PREP Score beurteilt das Vorliegen einer kognitiven Bewusstseinsstörung, bzw. eines kardiogenen Schocks und gibt einzelne Punkte für erhöhtes BNP bzw. Auffälligkeiten in der Echokardiographie. Bei Vorliegen einer Low Risk Situation werden nahezu keine relevanten Endpunkte nach 30Tagen Follow-Up gefunden, also diese Niedrigrisikogruppe gut identifiziert.

Eine Schweizer Gruppe entwickelte den PESI Score (Pulmonary Embolism Index), der ebenfalls durch Vergabe von Punkten eine Risikokategorisierung zulässt. Die Kriterien umfassen Alter, Geschlecht, Komorbiditäten, hämodynamische Parameter, Sauerstoffsättigung und ebenfalls der veränderte Bewusstseinsstatus. Kommt somit ohne technische Untersuchungen aus. Auch hier kann sicher eine Niedrigrisikogruppe identifiziert werden.

In einer aktuellen Studie werden nun diese zwei Stratifizierungstools verglichen. Beide Tools hatten einen hervorragende negativ prädiktiven Vorhersagewert (PESI 100%, PREP 99%) bei einer Prävalenz von Tod während des 30 Tages Follow-Ups von 3% (Chan CM et al, J Hosp Med 2012 Jan; 7:22).

Nun, was bedeutet dies für unsere tägliche Praxis: Ich hätte unter den momentanen Gegebenheiten in Deutchland Schwierigkeiten, Patienten sofort ambulant weiterzuführen. Zumindest die Applikation von LMWH und das Erklären der weiteren Schritte benötigt Zeit. Wir legen Low Risk Patienten entsprechend obiger Einschätzung auf unsere Beobachtungsstation und entlassen die Patienten nach Risikostratifizierung und oberärztlicher Beurteilung frühzeitig nach Hause. Aber ... es gibt durchaus kritische Stimmen von den Niedergelassenen, die diese Vorgehensweisen aus ihrer Ausbildung häufig nicht kennen. Und nachdem auch im Krankenhaus häufig noch die Meinung vorherrscht, jede Lungenembolie gehört ind Bett .... nun, das ist ein anderes Thema.

Wer eine exzellente Übersichtsarbeit der amerikanischen Notfallmediziner lesen möchte, wird hier fündig. Viel Spass!

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