Donnerstag, 22. März 2012

Euphorie mit neuen Antikoagulantien - Zeit zum Innehalten?

Pharmazeutische Innovationen lösen gelegentlich - bei entsprechender Innovation - richtige Euphorie aus. Dies geschieht aktuell sicherlich auch bei den neuen oralen Antikoagulantien wie bei Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban. Und das kommt nicht von ungefähr: Diese Substanzen bieten gegenüber ....


.... den bekannten Antikoagulantien (z.B. Marcumar) verschiedene Vorteile bei der Prävention des Schlaganfalls bei Vorhofflimmern und auch in der Thrombosprophylaxe. Entsprechende Studien wurden im NEJM publiziert und können dort nachgelesen werden (Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban).

Leider treten nach Markteinführung und entsprechender Surveillance doch vermehrt Nebenwirkungen auf, die aus meiner Sicht durchaus Anlass geben sollten innezuhalten und nachzudenken:

Problematisch ist die Gabe von Dabigatran beim älteren Menschen, bei untergewichtigen Patienten und bei eingeschränkter Nierenfunktion. Eine entsprechende (positiv zu bewertende) Warnung mittels ROTE HAND Brief gibt es dazu. Dazu auch klinische relevante, praktische Hinweise: Beim älteren Patienten wird die im Labor kalkulierte Nierenfunktion, welche mittels MDRD Formel kalkuliert ist, überschätzt. Also, aufpassen bei Therapiebeginn! Eine interessante Studie hierzu gibt es vom CRUSADE Register.

Zurück zu aktuellen Daten:
Eine aktuelle Metaanalyse zu Nebenwirkungen bzw. Risiken der Dabigatranstudien weist auf eine erhöhte Rate von Myokardinfarkten hin. In der Zusammenschau scheinen aber die positiven Wirkungen von Dabigatran zu überwiegen. Eine Innehalten wird aber auch im begleitenden Editorial vorgeschlagen.

Und hier noch ein klinisch praktischer Ausblick:
Prof. R. Strauss aus Erlangen hatte sich in einem hervorragenden Vortrag zum Management von Komplikationen bei neuen Antikoagulantien aufnunserem letzten Adventssymposium auseinandergesetzt. Seine Vortragsfolien finden Sie hier. Diese zeigen eine aktuelle Zusammenstellen über die Möglichkeit, mit Blutungskomplikationen umzugehen.

Und noch ein kurzer Nachtrag:
Inzwischen wird vom Hersteller von Pradaxa ein hervorragendes Poster angeboten, welches Hilfestellungen beim Notfallmanagement von Blutungskomplikationen unter Dabigatran gibt. Ich finde es hervorragend ausgearbeitet. In unseren Notaufnahmen ist es bereits aufgehängt. In Kürze werde ich es hier einstellen.

Und ACHTUNG: Auch der Traumapatient mit chronischer Dabigatran-Therapie braucht rasch Hilfe! Die Messung aPTT bzw. Quick sind nicht ausreichend! Die Kenntnis über Labortests, die die Dabigatran-Therapie erkennen lassen, sind essentiell und entsprechende Labormethoden müssen in Ihrem Labor angeboten werden (z.B. Thrombinzeit).

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