Freitag, 17. Februar 2012

Rasche Behandlung des Status Epilepticus im Rettungsdienst

Ich habe heute das N Engl Journal of Medicine aufgeschlagen, und bin mal wieder überrascht, wie notfall- und rettungsmedizinische Forschung in den USA zu hervorragenden neuen Therapiekonzepten führen kann. Der Zusammenschluss von 79 Krankenhäusern, 33 Rettungsdienstorganisationen und über 4000 Paramedics macht es möglich, randomisiert die Behandlung von übeer 800 Patienten mit Status epilepticus zu untersuchen .... wow, da kann man wirklich nicht mehr viel dazu sagen ...

Aber kurz zur Studie, die vielleicht auch für uns von Bedeutung ist:
Ältere Kinder und Erwachsene mit einem generalisierten Anfall von mehr wie 5min erhielten Placebokontrolliert entweder 10mg Midazolam i.m. oder 4mg Lorazepam i.v. (Tavor), dem empfohlenen Standard bei Status epilepticus. Die Studie war auf non-inferiorität designt.

Das überraschende Ergebnis ist, dass zum Zeitpunkt des Eintreffens in der Notaufnahme, bei mehr Patienten in der i.m. Gruppe der Anfall terminisert wurde (ca. 3/4), während in der i.v. Gruppe nur ca. 60% ohne motorische Zeichen eines Anfalls waren. Unerwünschte Wirkungen waren zwischen den Gruppen vergleichbar. Durch die Verwendung von Voice Rekordern konnte gezeigt werden, dass die i.m. Gruppe viel schneller ihre Thapie halten hat, wie die i.v. Gruppe .... eigentlich nicht verwunderlich ...

Jetzt wird sicherlich bei uns sofort vorgebracht, ja, ja, in den USA mit den Paramedics, dies ist ja nicht mit uns und unserem hervorragenden Notarztsystem vergleichbar ... die Argumentation stimmt schon, aber konnte in Deutschland bisher eine vergleichbare Studie durchgeführt werden bzw. ist die "hervorragende Qualität" der Notarzt-basierten Versorgung in Deutschland irgendwo nachvollziehbar dokumentiert? Ich finde, dass die Ergebnisse zeigen, wie wichtig eine gute strukturierte und standardisierte Vorgehensweise im Team ist, und vielleicht sollten wir unsere Rettungsassistenten mit mehr know-how ausstatten ... den Patienten zu liebe.

Was bedeutet die Studie für uns: Aus meiner Sicht kann als gute Alternative bei Patienten mit einem generalisierten Anfall alternativ zur i.v. Gabe eines Benzodiazepins (4mg Lorazepam i.v. wird primär empfohlen) auch 10mg Midazolam (Dormicum) als i.m. Injektion verabreicht werden. Dies lohnt sich für die Patienten: Je früher der Anfall durchbrochen wird, um so niedriger ist die Sterblichkeit und auch die Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten. Im Editorial finden sich noch viele weitere interessante Infos zum Thema ..... spannend wie ein Krimi zu lesen ;-)

Und noch was für Notfallfreaks: Wir sollten uns zusammentun, und auch in Deutschland ermöglichen, notfall- und rettungsmedizinische Forschung zu etablieren ... es macht Spass und trägt bei, die eigenen Abläufe zu optimieren. Die AG Wissenschaft der DGINA wird hier ansetzen, eine Einladung zum nächsten Treffen in Nürnberg wird demnächst rausgehen.

1 Kommentar:

  1. Lieber Michael,
    gerne würde ich Deinen Blog online kommentieren, leider funktioniert es nicht.

    Im Rettungsdienst stellt sich derzeit meistens das Problem nicht, da Lorazepam "kühlschrank-pflichtig" ist und damit einen enormen logistischen Aufwand darstellt. Die s.l.-Form erfreut sich zunehmender Beliebtheit, gleiches gilt für die nasale Anwendung dieser Medikamente. Das INM hat für die ärztlichen Leiter Rettungsdienst eine gute Zusammenstellung für die nasalen Applikationen erstellt (anbei für deinen internen Gebrauch)
    Gruß und schönes Wochenende
    Andreas

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