Sonntag, 20. Mai 2012

Ist Notfallmedizin 2.0 zukunftsfähig?


Ich war vor kurzem auf einer äußerst interessanten Sitzung zum Thema "Standardisierung" in der Notaufnahme. Unsere Gedanken zur Restrukturierung, die uns hier in Nürnberg momentan umtreiben (und die uns teilweise aufreiben), sind jetzt schon Anachronismus. International ist man schon viel weiter, wie sage ich gerne .... der Chinese schläft nicht ....
Hilft zwar nichts, aber da mùssen wir durch. Solche Sitzungen machen nur allzu deutlich, durch welche "Betonstrukturen" eine moderne Medizin in Kliniken verhindert wird. Denn .... die aktuelle Entwicklung geht bereits viel viel weiter: Standardisierung war ein Thema der 90er Jahre, aktuell beschäftigt sich die Industrie mit dem Thema, wie können wir durch Technologie kontextsensitiv unterstützt werden. Und das wird auch Thema in der Notfallmedizin!

Was bedeutet das? Notfallmedizin 2.0 ist bereits jetzt Anachronismus (lieber Lars Lomberg, nun bitte nicht traurig sein, wir machen trotzdem weiter ;-). Industrie 4.0 ist IN und heisst die Zukunft. Und glauben Sie mir, auch ich habe Frustrationen bei Standardisieung erlebt, die Zukunft wird eine andere sein, d.h. man arbeitet bereits jetzt an Technologien, welche die Interaktion IT und Arzt/Pflege fördert. Ich will da unbedingt mit dabei sein! Lassen Sie es uns gemeinsam tun und uns den internationalen Benchmarks anschließen.

Schon erstaunlich, wie sich Deutschland in der Medizin vielfältig komplett von der modernen Entwicklung der Medizin abgekoppelt hat. Internationale oder europäische Experten haben sich schon längst Gedanken zu den Notaufnahmen der Zukunft gemacht: Wir sollten uns beeilen, diese Vorarbeiten aufzugreifen, damit wir den Zug, der bereits abgefahren ist (und wir noch immer am Bahnsteig stehen) noch erreichen. Schauen Sie sich einfach mal auf Webseiten zur
Standardisierung näher um. Wir werden uns auf jeden Fall zukunftsfähig ausrichten müssen. Die Hochtechnologie macht es uns vor.

Wir werden deshalb zeitnah ein System in unserer Notaufnahme implementieren, welche das "Controlling Medizinischer Prozesse in Notaufnahmen" möglich machen wird. Wir werden dann noch weiter gehen .... kluge Technologien sollen uns darauf hinweisen, wenn ein Patient z.B. mit Sepsis nicht rechtzeitig erkannt wird. Smartphones etc. stellen hier mögliche Lösungen dar. Unsere ersten iPads sind bereits eingesetzt ;-)

Aber keine AngstDonald Berwick (siehe Bild rechts), bis Ende letzten Jahres CEO von Medicare in den USA ist offensichtlich frustrierrt aus seinem Amt gegangen. Er wurde von Präsident Obama installiert und war wegen seiner aus meiner Sicht korrekten und wahren Aussagen zu dem "Waste" in der Medizin stärker und politisch getriggerter Kritik ausgesetzt. Dies war der Anfang vom Ende. Artikel des Vorsitzenden von NICE in Großbritannien mit Ausdrücken ( bei NiCE gibt es auch gute Leitlinien), dass Berwicks Gegner "Lügner" sind, zeigen, dass die diplomatische Wortwahl in dieser heissen Diskussion längst verlassen wurde. Es geht an die Nerven einer hochtechnologisierten Gesellschaft.

Was waren Berwicks Thesen?
Er sagt, dass etwa 30% der im Gesundheitswesen ausgegebenen Mittel "Waste" sind! Dazu zählt er
. Überbehandlung
. Versagen, die Versorgung abzustimmen
. administrative Überregulierung des Systems
. mühsame Regeln
. Betrug

Und? Erkennen Sie manche Muster wieder? Die Initiative "Choosing Wisely", die vor kurzem im Blog vorgestellt wurde (fâllt mir doch gerade ein, dass auch bei uns die Anzahl der CCTs reduziert werden könnte ...) und übrigens auch in aktuellen Ausgaben von BMJ diskutiert wird, geht in die gleiche Richtung! Aber ich höre jetzt lieber auf ....  ;-)

Nichtsdestotrotz möchte ich mit den 6 Thesen von Berwick enden, die er als Chef der amerikanischen Institut für Qualität in der Medizin publiziert hatte. Wir sollten uns öfters daran ein Beispiel nehmen (übrigens: Berrwick sagte, dass ein Projekt, das am Montag beschlossen wurde, bereits am Mittwoch umgesetzt wurde ... da wird man ja richtig neidisch .... wird mir doch immer gesagt, man bräuchte Zeit .....  ;-)

Und nun zu den Visionen von Berwicks früherem Institut:

IHI's vision for health care is an adaptation from the Institute of Medicine's six improvement aims for the health care system: care that is safe, effective, patient-centered, timely, efficient, and equitable:

No Needless Deaths
No Needless Pain or Suffering
No Helplessness in Those Served or Serving
No Unwanted Waiting
No Waste
No One Left Out

Doch ein guter Vorsatz für unsere eigenen Wege .....

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