Sonntag, 24. Juni 2012

Aktionsplan Akute Atemnot - AMI als Ursache der Herzinsuffizienz


Ist es Ihnen auch schon so ergangen: Es stellt sich ein 73 jähriger Patient mit akuter Atemnot bei Ihnen vor. Er ist hypertensiv und zeigt klinische Zeichen und Symptome der akuten Herzinsuffizienz. Natriuretische Peptide sind sehr hoch, cTnThs ist leicht erhöht (z.B. 0.040 µg/L). Klare Sache, oder? Akute Herzinsuffizienz im Rahmen einer hypertensiven Entgleisung ....


Nun, so habe ich vor nicht langer Zeit in einem konkreten Fall gedacht. „Routinemässig“ habe ich zwar noch ein 12-Kanal EKG und die Abnahme von Troponin nach 3 Stunden verordnet, aber der Patient war eigentlich schon auf dem üblichen Herzinsuffizienz Track gesetzt.
Dann kam der Verlaufswert von Troponin: Anstieg auf 0.214 µg/L, nun im EKG typische ischämische Veränderungen der T-Welle. Ich war wirklich sehr überrascht, dieses Ergebnis hatte ich nicht erwartet.
Nun habe ich ein Paper gefunden, das die Frage beantworten will, ob wir nicht-invasiv durch Bestimmung von kardialen Biomarker (BNP, cTnThs) die Differentialdiagnose einer myokardialen Ischämie bei akuter dekompensierter Herzinsuffizienz stellen können.
B. Drexler et al. untersuchten 718 konsekutive Patienten mit akuter Herzinsuffizienz. Tatsächlich war bei ischämischer Genese der Herzinsuffizienz die BNP und die cTnThs Werte höher. ABER: Weder BNP noch cTnThs waren geeignet, die Diagnose der myokardialen Ischämie der Herzinsuffizienz zu unterstützen (AUC 0.58 bzw. 0.61). Sehr enttäuschend, aber für uns wichtig zu wissen! Die Höhe der Biomarker-Konzentrationen erlauben eben nicht diese Differentialdiagnose zu stellen und die myokardiale Ischämie als Ursache der AHF zu identifizieren.
Peter Pang kommentiert die Ergebnisse dieser Studie in hervorragender Weise. Wirklich lesenswert ... komprimiert werden wichtige Erkenntnisse der Diagnostik der AHF zusammengefasst: 
Er betont nochmals, das die Evidenz, Patienten mit akuter Herzinsuffizienz zu therapieren ziemlich mau sind. Außerdem gibt es riesige diagnostische Probleme, die verschiedenen Ursachen der Herzinsuffizienz korrekt zu identifizieren (siehe oben). Peter Pang kommentiert des weiteren, dass die Mechanismen unklar sind, durch welche eine Freisetzung von cTn bedingt ist. Und diese Freisetzung ist offensichtlich unabhängig vom Vorhandensein einer koronaren Ursache. Die Basisspiegel der Biomarker sind somit nicht geeignet, in der differentialdiagnostischen Entscheidung behilflich zu sein.
Natürlich beinhaltet auch die fehlende Klassifikation der verschiedenen ischämischen Ursachen der AHF unsere Probleme im klinischen Alltag: Der Terminus „ischämische Ursache“ der akuten Herzinsuffizienz beinhaltet folgende Entitäten:
  1. Myokardiale Ischämie, die das Auftreten der AHF bedingt (ist nachvollziehbar, siehe obiger Fall)
  2. Myokardiale Ischämie, die durch die akute Dekompensation selbst (d.h. myokardialer Strain bei vorbestehender stabiler KHK) bzw. durch verwendete Therapien verursacht wird.
  3. Eine KHK ist zwar vorhanden, ist aber weder Auslöser noch Betroffener der akuten Herzinsuffizienz.
  4. Und natürlich können obige 3 Punkte alle gemeinsam bei einem Patienten auftreten.

Deshalb empfiehlt Peter Pang die Definition von Flaherty in den Sprachgebrauch einzuführen: Es gibt die Patienten mit akuter Herzinsuffizienz mit ischämischer Ursache der Herzinsuffizienz und die Patienten mit akuter Herzinsuffizienz aber „begleitender“ KHK. Da die Patienten mit ischämischer Ursache der Herzinsuffizienz von einer Koronarintervention profitieren, ist es wichtig, diese frühzeitig zu identifizieren.
Es wird vermutet, dass etwa 60% der Patienten mit akuter Herzinsuffizienz eine begleitende KHK haben. Muss zugeben, ist alles schon etwas kompliziert und wird in dieser Differenziertheit nicht im HEROLD (Ein gutes Buch als Repitiorium) ausgeführt. Ist aber halt wichtig in der täglichen klinischen Praxis .....

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