Samstag, 23. Juni 2012

Ärztlicher Perfektionismus - Ursache für Desillusionierung?

Frustration im ZNA-Arbeitsalltag ? Frustration über regelmäßige Überlastsituationen auf Station? Genervt durch eine chronische personelle Unterbesetzung? Durchaus eine alltägliche Realität. Deshalb habe ich sehr aufmerksam ein kürzlich erschienenes Editorial von Mike Peters gelesen, der in einer Arbeitsgruppe der British Medical Association zum Thema "Perfectionism in doctors: Can lead to unhealthy behavious in stressul work situations" arbeitet (Doctors for Doctors Unit des BMA).
Offensichtlich gibt es insbesondere bei Ärzten eine große Anzahl an Personen, die ihre Aufgaben perfekt erfüllen möchten. Dies ist zwar für Patienten und auch für das Krankenhaus sehr vorteilhaft, mag aber für die individuelle Person (den perfektionistischen Arzt/Ärztin)  mit großen Frustrationen verbunden sein. Folge ist ein nicht umsetzbarer Anspruch an sich selbst ... und natürlich auch an andere. Und dies führt wiederum zu Verhaltensweisen, die die eigene Desillusionierung noch verstärkt.

Natürlich gibt es auch "gesunde" Perfektionisten, die mit den Anforderungen besser umgehen können. Nichtsdestotrotz wird von uns erwartet, dass wir immer funktionieren, Fehler dürfen nicht passieren, und dies in einer Situation, in der mit reduzierten Ressourcen manche dieser Ansprüche nicht mehr erfüllt werden können. Und dies muss man wie auch immer selbst "akzeptieren" und damit umgehen lernen.

Wie kann dieses "ungesunde" Verhalten erklärt werden? Offensichtlich spielt die eigene Persönlichkeit und die damit verbundene Gewissenhaftigkeit eine große Rolle, gleichzeitig werden von extern große, häufig nicht erfüllbare Erwartungen an uns gestellt, welche wiederum zu dysfunktionalem Verhalten, dem "ungesunden Perfektionismus" führen.

Wie kann man mit dieser Herausforderung umgehen? Hier spielt das Team im Arbeitsumfeld eine große Rolle, welches als Puffer den einzelnen unterstützen sollte. Gleichzeitig gilt aktive Führung, regelmässiges Feedback, und auch die Arbeit mit einem Coach als sehr hilfreich.

Einen vergleichbaren Ansatz kommuniziert auch Andre van As in einem kurzen Letter. Er formuliert, dass prinzipiell nicht "Perfektionismus" das Problem darstelle, sondern wie das Erreichen einer perfekten Leistung kommuniziert wird und natürlich auch, ob das Arbeitsumfeld gestaltet ist, um diese Aufgaben zu erfüllen. Dies wird als Aufgabe der Leitungspersonen gesehen ("leadership"). Das ist natürlich keine einfache Aufgabe, und die weiteren Einschränkungen, welche uns die Politik auferlegt führt zu einer schwierig zu bewältigenden Aufgabe. Wer sich übrigens etwas intensiver mit Leadership auseinandersetzen möchte, empfehle ich ein hervorragendes Buch von Kouzner und Posner.

Insgesamt wäre wünschenswert, dass von Seiten des Krankenhausmanagements dieses Konfliktpotential gesehen werden und mögliche Hilfestellungen gegeben werden, denn eigentlich wollen wir alle in einer guten Arbeitsumgebung gute Arbeitsergebnisse liefern.

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